Zusammenleben Finnen, Finnlandschweden, Schweden

Alles Interessante über das Land und die Menschen die dort leben (Geschichte, Politik, Gesellschaft und Gesundheit).

Moderatoren: Peter, Sapmi

Benutzeravatar
Svea
FiFo-Treffen Renner
Beiträge: 1533
Registriert: 23. Mär 2005 10:43
Wohnort: Danmark

#1 Zusammenleben Finnen, Finnlandschweden, Schweden

Beitrag von Svea »

Aus aktuellem Anlass (siehe Diskussion unter "finnische Namen") eröffne ich mal ein neues Thema...

Ich beginne mal damit Sanna zu zitieren und steige gleich in die laufende Diskussion ein :D :
Sanna_Tanija schrieb am 01.09.2005 07:18
ganz ehrlich - ich find dieses ganze schwedengetue irgendwie albern :rolleyes:

wenn sie zu hause gern schwedisch reden wollen, bitteschön - hat nur vorteile fuer die kinder später im schwedischunterricht. aber es ist immernoch finnland, in dem sie leben! trotzdem muessen sie immer unbedingt EIGENE schulen, EIGENE kindergärten, EIGENE festveranstaltungen etc. haben, wo man als "normalfinne" gar nciht reindarf - das find ich recht diskriminierend im eigenen land, irgendwie! der "schweden-club" ist immer was besseres, was besonderes, und grenzt sich möglichst von den "pforanen finnen" ab. ich find das einfach nur arrogant!
Wie schon oft geschrieben, sind die Finnlandschweden keine Schweden und deshalb finde ich den Begriff "Schweden-Club" auch nicht sehr passend.
Ihre Sprache klingt für richtige Schweden ziemlich altertümlich und in Schweden schenkt man meines Wissens den Schwedenfinnen auch kaum Beachtung.
Deshalb finde ich es ungerechtfertigt, wenn man sie immer mit den Schweden in einen Topf wirft.

Eigentlich verbindet die Schwedenfinnen ja nur die Sprache miteinander, es gibt ja keine eigene Kultur in dem Sinne. Deshalb ist die Sprache das, was besonders hervorgehoben und geschützt wird. Ist doch eigentlich natürlich?

Außerdem sprechen die meisten Schwedenfinnen doch fließend Finnisch und außerhalb der Familie wird auch sehr viel Finnisch gesprochen, wenn man dem, was man liest, glauben schenken darf.
Soziologisch betrachtet bilden die Finnlandschweden eine sog. offene Minderheit (Allardt & Starck 1981), was bedeutet, dass die Gruppe sich nicht von der finnischen Mehrheit isoliert, sondern einen täglichen Umgang mit ihr hat. Dieses ist besonders in den grösseren Städten der Fall. Es ist auch üblich, dass man zu Hause sowohl Finnisch als Schwedisch redet, da Ehen oft über die Sprachgrenze hinweg geschlossen werden. In der Gegend von Helsinki ist dieses in mehr als 60 % der Ehen oder Lebensgemeinschaften der Fall (Finnäs 1998:31). Auch Diglossie lässt sich feststellen. Unter den Finnlandschweden ist Schwedisch zwar die Sprache innerhalb der Familie und im Umgang mit Freunden sowie die Schulsprache der Kinder, aber ausserhalb dieser Sphären wird sehr viel Finnisch gesprochen. Die Sprache an den meisten Arbeitsplätzen ist Finnisch, und in den Kaufhäusern und Läden fangen sehr wenige ihren Redebeitrag auf Schwedisch an. In den grösseren Städten sind die Finnlandschweden in hohem Grad zweisprachig, was zur Folge hat, dass Codewechsel üblich ist, dass finnische Lehnwörter im Gespräch aufgenommen werden, dass Lehnübersetzungen häufig vorkommen und dass finnische Interferenz ausser in der Morphologie fast auf allen Ebenen der Sprache bemerkbar ist.


AUS: http://www.linguistik-online.de/3_00/saari.html

Und zu dem mit den eigenen Festen: Bist du dir da wirklich sicher, Sanna, dass finnischsprachige Finnen "verboten" sind? Also ehrlich gesagt kann ich das kaum glauben... ?(

Es gibt bei uns in Deutschland aber auch einige solch merkwürdige Veranstaltungen, z.B. gab es an der Uni Paderborn nur für Russlanddeutsche und soweit ich meiner Freundin glauben darf, waren wirklich keine Deutschen dort. Das fand ich ehrlich gesagt auch ziemlich doof und wenn es derartige Feste unter Schwedenfinnen gibt, bei denen finnischsprachige Finnen ausgeschlossen werden, fände ich es auch nicht gut.

Naja, wie auch immer. Mich interessiert der schwedischsprachige Anteil der finnischen Bevölkerung (schon allein wegen der Sprache :P ) und ich finde es nicht albern, dass sie das Recht auch schwedischsprachige Institutionen haben. Immerhin redet man ja nicht von drei Leuten, sondern von immerhin ungefähr 300 000 Personen. Das ist mehr als die Bevölkerung Islands!

Übrigens habe ich den Eindruck, dass einige Finnlandfreunde immer ziemlich schlecht auf alles, was mit Schweden zu tun hat, reagieren. Das kann ich ehrlich gesagt überhaupt nicht verstehen.
Die Schweden, die ich kenne, sind alle sehr offen und interessiert, was Finnland angeht.
Man darf auch nicht vergessen, dass die Finnen in Schweden mit 100 000 Personen die größte Einwanderungsgruppe sind.
Während des zweiten Weltkrieges wurden übrigens 70 000 finnische Kriegskinder nach Schweden geschickt:

http://www.svt.se/dokumentarfilm/dokume ... vr023b.htm
http://www.svd.se/dynamiskt/inrikes/did_9619152.asp

(leider habe ich nicht mehr Infos darüber gefunden...weiß jemand mehr?)
Zuletzt geändert von Svea am 1. Sep 2005 12:11, insgesamt 1-mal geändert.
Bild
Naali
Kela Überlebender
Beiträge: 3535
Registriert: 21. Mär 2005 15:20
Wohnort: CH-Schwändi/GL

#2 Re: Zusammenleben Finnen, Finnlandschweden, Schweden

Beitrag von Naali »

Ich kann dir voll und ganz zustimmen. Auch die schwedischsprchigen Finnen haben einfach ein Recht auf ihre Sprache und sie fühlen sich auch ganz genauso als Finnen. Mit Hochnäsigkeit oder Arroganz oder ähnliches hat das gar nichts zu tun..sie haben aber auch einfach nur ein Recht auf ihre ganz eigene Sprache und natürlich hat man dann auch schwedischsprachige Schulen, Kindergärten und ähnliches. Sie möchten ihre Muttersprache sprechen.
Die schwedischsprachigen Schulen, Kindergärten, Unis usw stehen natürlich auch Finnen mit Muttersprache Finnisch zur Verfügung, so hat meine Mutter komplett auf Schwedisch studiert und sie wurde alles andere als ausgegrenzt.
Natürlich gibt es solche und solche Leute..aber generell geht man sehr offen miteinander um. Alle haben doch ein gemeinsames Heimatland: Finnland.

Zu den Kriegskindern/2. Weltkrieg: Schweden und Dänemark haben zusammen etwa 80.000 finnische Kinder aufgenommen, die entweder alles verloren hatten oder beispielsweise der Vater im Krieg gefallen und die Familie somit in großer Armut lebte. Der Bruder meines Onkels war selber so ein Kind und kam als kleiner Junge zu einer Familie in Schweden. Er lebte mehrere Jahre dort und die Familie wurde immer mehr und mehr zu seiner eigenen. Er wollte bei ihnen bleiben und blieb. Er lebt auch noch heute in Schweden. Wie ihm gingen es 15 000 Kinder in Schweden und 500 in Dänemark.
Zuletzt geändert von Naali am 1. Sep 2005 12:26, insgesamt 1-mal geändert.
BildBild
Naali
Kela Überlebender
Beiträge: 3535
Registriert: 21. Mär 2005 15:20
Wohnort: CH-Schwändi/GL

#3 Re: Zusammenleben Finnen, Finnlandschweden, Schweden

Beitrag von Naali »

Was meinst du denn genau mit "schwedisch-gehabe" ? Insgesamt finde ich nämlich überhaupt nicht, dass man sich irgendwie ausgrenzt. Und mir ist auch noch kein Fest bekannt gewesen, wo man als Finnischsprachiger unerwünscht wäre. Ganz im Gegenteil, da viele Familien zweisprachig sind, gibt es dort dann auch beide Sprachen.
BildBild
Benutzeravatar
Svea
FiFo-Treffen Renner
Beiträge: 1533
Registriert: 23. Mär 2005 10:43
Wohnort: Danmark

#4 Re: Zusammenleben Finnen, Finnlandschweden, Schweden

Beitrag von Svea »

Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass dein Fall Standard ist Sanna.
Es kommt mir jedanfalls sehr komisch vor, dass immer Schwedisch gesprochen wird, obwohl der Mann es nicht versteht :D . Ich glaube, dass er ganz gut verstanden hat, was die anderen sagten, denn soo schwer ist es auch nicht Schwedisch zu lernen und er wird in den Jahren schon gelernt haben zu verstehen ;) . Ein bisschen merkwürdig ist es aber schon...vielleicht war die Familie auch ein bisschen seltsam :D

Sanna_Tanija schrieb am 01.09.2005 13:54
schwedisch-gehabe?
na eben abfällig ueber nicht schwedischspraschige menschen reden, nur mit leuten weggehen, die auch finnschweden sind, das betonte kultivieren der eigenen besonderheit, indem man eben solche feste gibt, wo nur schwedischsprachige teilnehmen duerfen... solche sachen.
Ich frage jetzt mal ganz direkt: Wie konntest du das überhaupt verstehen? Ich meine, du konntest damals doch bestimmt keine der beiden Sprachen verstehen (oder?) , haben sie also auf Englisch über die anderen gelästert und ausdrücklich gesagt, dass keine finnischsprachigen Finnen erwünscht sind?
Bild
Löyly
Linie 3T-Fahrer
Beiträge: 124
Registriert: 22. Mär 2005 14:21
Wohnort: Köln
Kontaktdaten:

#5 Re: Zusammenleben Finnen, Finnlandschweden, Schweden

Beitrag von Löyly »

Sanna_Tanija schrieb am 01.09.2005 13:54
oder, ein anderes beispiel: eine familie - mutter, vater, 2 kinder.
mutter finnschwedin, vater "normalfinne".
natuerlich sprechen dadurch alle genausogut finnisch wie schwedisch - bis auf den vater, der nur sein schulschwedisch hat.
mutter und kinder aber reden untereinander NUR schwedisch - höchstens, wenn sie mal etwas zum vater selbst sagen, darf es auch mal finnisch sein. sobald er jedoch nicht direkt angesprochen wird, geht es schwedisch weiter.

man kann sich das auch als deutscher sicher vorstellen... das fuehlt sich an, als wenn man als deutscher mann mit einer engländerin verheiratet wär. er versteht zwar englisch, aber eben nicht als muttersprache... die anderen drei (mutter + kids) hätten auch deutsch als muttersprache, könnten also problemlos auch deutsch reden, aber sie tun es nicht. sie reden englisch.
also ich fuer meinen teil käm mir irgendwie verarscht vor... so, als wollte man so wenig wie möglich mit mir zu tun haben, weil man mich durch die verwendung der anderen sprache auch irgendwie ausgrenzt. findet ihr das nicht irgendwie auch?
(
Nö finde ich überhaupt nicht.

Bei uns ist das nämlich genauso.
Meine Frau (Finnin aber in Deutschland aufgewachsen, spricht genauso gut Deutsch wie ich) redet mit meiner 3-jährigen Tochter Finnisch. Meine Tochter spricht mit ihrer Mutter auch nur Finnisch. Ich spreche mit meiner Frau und mit meiner Tochter Deutsch und die beiden mit mir auch Deutsch.

Das nennt man bilinguale Erziehung und es ist wichtig das eine Person nach Möglichkeit nur in einer Sprache mit dem Kind spricht und umgekehrt.

Wenn sich meine Frau mit ihren Eltern unterhält (Könne auch beide perfekt deutsch) sprechen sie auch nur Finisch, warum sollten sie auch als Finnen untereinander Deutsch sprechen?

Tut mir leid, aber für mich hat dein Beispiel nix mit Ausgrenzung zu tun.
[VERBORGEN]
Hatti
FiFo-Treffen Renner
Beiträge: 1518
Registriert: 5. Apr 2005 19:58
Wohnort: Österreich

#6 Re: Zusammenleben Finnen, Finnlandschweden, Schweden

Beitrag von Hatti »

@Löyly: Meine Hochachtung!!!! Endlich einmal Eltern, die die Kinder RICHTIG bilingual erziehen!!! Das kommt nämlich sehr selten vor und mein Mann kann als Logopäde ein Lied davon singen, was dabei raus kommt, wenn man die Kinder mit einem Sprachenmix erzieht!!!
"Und ein Mädchen, das einen Wolf nicht von seiner Großmutter unterscheiden kann, muss entweder total dumm sein oder aus einer extrem hässlichen Familie stammen."

Aus: Kleine freie Männer
Villiruusu
Linie 3T-Fahrer
Beiträge: 134
Registriert: 1. Jul 2005 11:33
Wohnort: Berlin (Tampere)
Kontaktdaten:

#7 Re: Zusammenleben Finnen, Finnlandschweden, Schweden

Beitrag von Villiruusu »

Ich muss auch Löyly zustimmen. Bei einer bilingualen Erziehung muss jeder Elternteil seine Muttersprache mit dem Kind/den Kindern sprechen. Ich kenne viele Fälle, in denen es leider nicht geklappt hat, da die Eltern es nicht "streng" genug durchgeführt haben. Sowohl finnisch-schwedische Beispiele als auch deutsch-finnische...

Wenn der Vater der Beispielfamilie sich "verarscht" gefühlt hätte, hätte er wohl auch etwas gesagt, denke ich. Und mir scheint es normal, dass man mehr solche Freunde hat, die die gleiche Muttersprache mit einem haben, als solche, die eine andere Muttersprache haben... Ich weiß nicht wie genau du Sanna diese Beispiel-Menschen kennst, natürlich hast du deine Erfahrungen gemacht, aber leider hast du uns auch nicht mitgeteilt, wann und wie du die Erfahrungen gemacht hast.. Und wenn du die beiden Sprachen nicht verstanden hast, wie Svea schon erwähnte, könntest du dann diese Menschen wirklich verstehen? Da könnte man doch auch einiges missverstehen, oder? Dies ist jetzt gar nicht persönlich gemeint, also nicht als Beleidigung oder ähnliches zu verstehen.

(Dies gehört nicht wirklich zum Thema, wollte es aber noch erwähnen:
Wenn wir bei uns Besuch von unseren finnischen Freunden haben, kommt es auch mal vor, dass wie manchmal die Sprache wechseln, wenn das Thema so ist, dass es meinen deutschen Mann sowieso nicht interessiert etc. Da fühlt er sich gar nicht "verarscht", manchmal sagt er mir sogar, dass ich etwas lieber auf Finnisch erzählen soll, da es so schneller und genauer geht. Wenn die Sache dann geklärt ist, sprechen wir wieder eine "gemeinsame" Sprache, machen quasi da weiter, wo wir geblieben waren... Und weil das alles so gut klappt, hoffe ich auch, dass wir unser Kind später auch richtig bilingual erziehen können.. :) )
[VERBORGEN]
Naali
Kela Überlebender
Beiträge: 3535
Registriert: 21. Mär 2005 15:20
Wohnort: CH-Schwändi/GL

#8 Re: Zusammenleben Finnen, Finnlandschweden, Schweden

Beitrag von Naali »

@Sanna: Natürlich sieht das jeder anders, aber ich wäre, wenn ich mit einem anderssprachigen Mann zusammen wäre, nur froh, wenn die Kinder diese andere Sprache auch sprechen würden. Ich selber kenne das ja aus meiner eigenen Familie und sehe in der Zweisprachigkeit, wie gesagt, nur Vorteile.
Ich finde es natürlich schade, dass du nur solche, sich ausgrenzenden, Finnlandschweden kennengelernt hast (wieviele waren das?), denn in der Masse ist das auf keinen Fall so.
BildBild
Löyly
Linie 3T-Fahrer
Beiträge: 124
Registriert: 22. Mär 2005 14:21
Wohnort: Köln
Kontaktdaten:

#9 Re: Zusammenleben Finnen, Finnlandschweden, Schweden

Beitrag von Löyly »

Sanna_Tanija schrieb am 01.09.2005 18:43
finnisch - ich hab also schon mitbekommen, wann wer was geredet hat. der vater hat uebrigens kaum mit seiner familie geredet... von bilingual kann keine rede sein. nciht wirklich.
Männer reden halt im allgemeinen nicht soooo viel wie Frauen. ;)
(Hoffentlich gibts jetzt keinen Rüffel von wegen Sexismus :D )

Wir haben uns vor der Geburt über Fachliteratur informiert wir man das Kind am besten bilingual erzieht, und viele haben eben dieses "One Person, one Language" empfohlen.

Meine Frau ist auch als Lehrerin in der Kielikoulu aktiv, und man kann dort bei den kleinen erkennen, dass die Kinder deren Eltern dieses Prinzip anwenden deutlich besser Finnisch sprechen als die anderen.

Wichtig ist hier natürlich, wie immer in der Erziehung die Konsequenz. Es gibt bei Eltern und Kindern natürlich immer die Tendenz sich aus Bequemlichkeit nur in einer Sprache zu unterhalten. Wenn man hier aber konsequent in der bilingualen Erziehung bleibt, kann man viel erreichen.

Zum "eigentlichen" Thema Schwedenfinnen kann ich nur sagen, dass ich eine Ausgrenzung hier bisher nicht feststellen konnte. Wir sind mit zwei Schwedenfinnen-Paaren sehr gut befreundet und ich habe bisher nie dran gezweifelt das sie sich zu 100 % als Finnen verstehen. Es sind einfach Finnen die Schwedisch als Familiensprache haben.
Zuletzt geändert von Löyly am 2. Sep 2005 09:15, insgesamt 1-mal geändert.
[VERBORGEN]
Andrea
Landkartengucker
Beiträge: 42
Registriert: 25. Mai 2005 21:21
Wohnort: [VERBORGEN]
Kontaktdaten:

#10 Re: Zusammenleben Finnen, Finnlandschweden, Schweden

Beitrag von Andrea »

Ich muß meinen Vorschreibern auch Recht geben. Meine Nachbarn machen das auch so mit der bilingualen Erziehung. Es ist natürlich für uns Aussenstehende schwer zu urteilen über das was du erlebt hast, Sanna. Aber ich denke bei jeder normalen Ehe bzw Beziehung wird so was abgesprochen sein. Alles andeere würde eher darauf schließen, das es bei denen nicht so glücklich läuft.

Ich denke jeder Schwedenfinne wird auch finnisch sprechen müssen. Schließlich ist Finnland ihre heimat. Ich fand es im Übrigen, sehr schwierig irgendwas auf schwedisch in Finland zu bekommen. Ich hätte mir soooo gerne mit schwedischsprachiger Literatur eingedeckt. Habe aber nichts gefunden, nicht mal in Turku.
[VERBORGEN]
Naali
Kela Überlebender
Beiträge: 3535
Registriert: 21. Mär 2005 15:20
Wohnort: CH-Schwändi/GL

#11 Re: Zusammenleben Finnen, Finnlandschweden, Schweden

Beitrag von Naali »

In Turku ist es eigentlich schon möglich gute schwedische Literatur zu bekommen, da die Stadt zweisprachig ist und es etwa 10 000 Menschen mit Schwedisch als Muttersprache dort gibt. In welchen Buchhandlungen warst du da?

Schwedischsprachige Finnen können normalerweise auch gut Finnisch, denn das ist die Sprache der Mehrheit in Finnland. Bis jetzt habe ich nur einige wenige Personen kennengelernt, die überhaupt kein Finnisch sprachen. Das sind meist etwas ältere Leute, die in kleineren, rein schwedischsprachigen Gemeinden leben.
Ich habe schwedischsprachige Freunde, die in ihren (zweisprachigen) Wohnorten generell nur Schwedisch sprechen. Wenn sie in einsprachig finnische Orte kommen, sprechen sie aber automatisch Finnisch und haben damit auch keine Probleme. Generell sprechen sie aber natürlich lieber ihre Muttersprache.

Ich bin begeisterte Reiterin und nehme hin und wieder bei Ausflügen eines Isländerhofes teil (siehe "Finnland zu Pferd"). Die Familie, die den Hof betreibt ist schwedischsprachig. Bei den Vorbesprechungen der Ausflüge sind sowohl Touristen dabei als auch Finnen beider Sprachgruppen. So spricht die Leiterin beim Kurs einen bunten und fröhlichen Mix aus Englisch, Schwedisch und Finnisch. Sehr lustig und wir haben schon total viel gelacht :D
BildBild
Benutzeravatar
Klaus
Kela Überlebender
Beiträge: 2417
Registriert: 29. Mär 2005 12:43
Wohnort: Oostfreesland
Danksagung erhalten: 1 Mal

#12 Re: Zusammenleben Finnen, Finnlandschweden, Schweden

Beitrag von Klaus »

Ich kann euch eigentlich auch nur zustimmen. Finnlandschwedisch ist ein Teil Finnlands, eine gleichberechtigte Sprache mit dem Finnischen. Wobei auch gesagt werden muss, dass Finnlandschwedisch mittlerweile eine so andere Aussprache hat und sich so weit vom Reichsschwedischen entfernt hat, dass die ersten Sprachwissenschaftler dazu übergehen zu sagen, Finnlandschwedisch könne man fast als eigene Sprache bezeichnen.

Finnland hat eine Nationalität, und die ist Finnisch und die Untergruppen sind halt aufgeteilt in Finnen und Finnlandschweden (und nicht Schweden!). Da hat jeder die gleichen Rechte, seine Muttersprache anzuwenden und auch mit dieser in Schulen und Kindergärten, Hochschulen usw. aufzuwachsen, egal ob Schwedisch oder Finnisch.

Sanna, ich kann deine Meinung überhaupt nicht nachvollziehen. Finnland kann froh sein, dass es die Minderheit der Finnlandschweden hat (dazu kommen ja noch die Åländer und Sápmis), dadurch wird das Land doch erstens interessanter und zweitens vielfältiger. Außerdem ist Finnland eines der Vorzeigeländer mit der Schweiz, wie es sich mit 2 verschiedenen gleichberechtigten Sprachen im Land umgehen lässt. Ich habe anfangs den Eindruck bekommen, dass du den Finnlandschweden am liebsten die Sprache verbieten würdest und nur noch Finnisch gesprochen werden dürfte.

Die Finnlandschweden passen sich meiner Meinung nach manchmal schon zu viel an. So wird oft auch in überwiegend schwedischsprachigen Regionen ins Finnische gewechseln, sobald auch nur ein Finne den Raum betritt. Das könnte auf Dauer auch schädlich für das Finnlandschwedische sein und vielleicht eines Tages zum aussterben führen. Und dann wäre Finnland um eine Vielfalt ärmer, und zwar um genau die, um der es in der Welt von so manchen mehrsprachigen Länder wegen dem unkomplizierten Umgang der Sprachgruppen untereinander beneidet wird (Stichwort Belgien mit seinen verfeindeten Regionen Flandern [NL] und Walonien [F]).

In Finnischen Sprachgebieten wechseln die meisten sofort in Finnische, in den großen Städten wie Helsinki und Turku spricht die große Mehrheit der Bevölkerung beide Sprachen fließend oder zumindest gut. So ist hier die Verständigung auf beiden Sprachen sehr gut möglich.

Der Meinung von Svea, dass so einige Finnlandfreunde (nicht nur hier im Forum) sehr negativ auf alles Schwedische (egal ob es Schwedischfinnland oder Åland ist) reagieren, kann ich nur unterstreichen. Dabei ist es doch so, dass, wie Naali schon sagte, alle, egal ob Schwedisch- oder Finnischsprachig, ein Heimatland haben, nämlich Finnland! Jeder lebt nur seine Kultur und Sprache weiter. Den Finnen wirft ja auch keine ein Finnisch-Getue vor, nur weil sie immer Finnisch sprechen und manchmal schlecht Schwedisch können.

Es ist in Finnland ein immer größerer Vorteil, beide Sprachen zu beherrschen, denn in der finnischen Wirtschaft entsteht immer mehr die Einstellung, dass gute schwedische Sprachkenntnisse einen weitaus besseren Zugang zum restlichen skandinavischen Markt verschaffen, als mit Englisch. Durch Schwedisch lässt es sich problemlos mit Norwegern und Dänen kommunizieren, dazu kommen auch die Isländer, Grönländer und Färinger, die ebenfalls Dänisch lernen. Außerdem ist die Sprache des nordischen Rates, in dem alle skandinavischen Länder und eigenständige Regionen vertreten sind, Schwedisch (Norwegisch und deutliches Dänisch werden auch geduldet). Dadurch, dass Schwedisch also die erste Sprache in Skandinavien ist, ergibt sich für die finnischen Politiker die Notwendigkeit, dem Schwedischen mächtig zu sein. Auch für die finnischen Normalbürger ergeben durch Schwedischkenntnisse wesentlich bessere Kommunikationsmöglichkeiten mit dem restlichen Skandinavien.

Mich interessiert die Schwedische Minderheit in Finnland sehr, allein schon weil ich durch die Sprache besseren Zugang dazu habe. Es gibt bei Finnlandschwedischen Folketing (http://www.folktinget.fi/) einen sehr interessanten Bericht über die schwedische Minderheit in Finnland aus dem Jahre 2002 (http://www.folktinget.fi/pdf/finlandssvenskarna2002.pdf). Er ist allerdings nur auf Schwedisch.

Liebe Sanna, vielleicht solltest du einmal ein bißchen neutraler durch Finnland gehen und nicht alles Schwedische gleich aburteilen. Dir spricht ja auch keiner das Recht ab, in deiner Muttersprache aufzuwachsen. Denk immer dran, Schwedische und Finnische Kultur und Sprache zusammen bilden Finnland, niemals eine alleine! Die Toleranz ist unter den Finnen und Finnlandschweden so groß wie in keinem anderen Land, welches 2 oder mehr offizielle, gleichberechtigte Amtssprachen hat. Die meisten Finnen halten es sogar für sehr wichtig, dass die Finnlandschweden weiterhin Schwedisch als ihre erste Sprache nutzen können und tollerieren es auch, wenn sie dies in der Gesellschaft tun (auch wenn Finnen anwesend sind). Auch wurde von den Finnen gesagt, dass die Finnlandschweden manchmal zu oft und zu schnell zum Finnischen wechseln (Leider habe ich die Quelle im Augenblick nicht zur Hand).
Många bäckar små, blir en stor å.

Die Politiker von heute machen Politik nur für einen Tag. Und der Tag war gestern. (Dieter Hildebrandt)
Antworten

Zurück zu „Allgemeine Infos zu Land und Leuten“