Auswandern

Du beabsichtigst Deutschland den Rücken zu kehren und willst lieber in Finnland die Mücken zählen? Das will gut bedacht und vorbereitet sein! Hier kommen auch im "Exil" lebende Deutsche, Schweizer und Österreicher zu Wort.

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Naali
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#16 Re: Auswandern

Beitrag von Naali »

Erfahrungen können natürlich ganz unterschiedlich ausfallen, jeder macht ja seine ganz persönlichen und hat eine andere Lebensgeschichte.
Viele Auswanderer gehen mit einem völlig falschen Bild nach Finnland, auch deswegen brechen viele ab oder sind frustriert. Finnland hat wie Deutschland und alle anderen Länder auch seine negativen Seiten und die darf man bei einem Umzug nicht vergessen. Man sollte sich im Klaren sein, dass man auch Rückschläge haben wird und nicht alle glatt laufen wird. Aber das ist in jedem Land auch so.

Von "Freunde wieder aussortieren" habe ich bis jetzt noch nichts gemerkt. In Finnland wie in Deutschland habe ich eigentlich immer sehr schnell recht viele dauerhafte Freunde gefunden. Aber das ist natürlich auch wieder bei jedem anders..jeder lernt ja andere Leute kennen und macht andere Erfahrungen.

Natürlich bleiben Ausländer in gewisser Weise einfach etwas anderes als die Finnen. Es muß nicht unbedingt ein Außenseiter sein..man ist einfach oft etwas "Besonderes". Das kann auch positiv sein. Aber das wiederum ist auch in Deutschland nicht anders..meine Mutter wohnt seit Jahrzehnten in Deutschland und ist in gewisser Weise immer noch ein "Außenseiter". Trotz Sprachkenntnisse, Kenntnisse in Kultur und deutschem Ehemann. Etwas "Anderes" bleibt man das ganze Leben im Ausland. Aber man muß ja auch gar nicht "finnisch" oder "deutsch" werden.
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Jürgen
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#17 Re: Auswandern

Beitrag von Jürgen »

@Kerstin,

erstmal willkommen im Forum.
Wie Krambambuli schreibt, sind das wirklich ernüchternde Worte von dir. Aber so war meine Anfrage auch gedacht.Ich möchte soviel wie möglich über das Leben als Ausländer in Finnland erfahren , um letztendlich meine Entscheidung zu treffen.
Das mit den Freunden kann hier in Deutschland auch vorkommen , denn nicht in jedem Fall ist die Offenheit gegeben.Wahre Freunde erkennt man , wenn man sie braucht. Da kann man glaube ich überall Überraschungen erleben.
Es ist mir schon klar , das nicht in ganz Finnland die Fahnen gehisst werden wenn ein Deutscher kommt.
Vielleicht kannst du ja deine Erfahrungen konkretisieren und andere können ihre Erfahrungen dazu einbringen.
Wie bist du überhaupt nach Finnland gekommen?Hattest du einen finnischen Partner oder bist du einfach nur aus Liebe zum Land ausgewandert.
Das Thema Jobverlust kann hier in Deutschland auch ganz schnell aktuell werden , so wie überall auch.Wer in einem mittelständischen Unternehmen arbeitet , kann sich eine Abfindung wahrscheinlich auch in Deutschland von der Backe putzen.Außerdem sind die Maschen des sozialen Netzes in Deutschland ebenfalls ziemlich weit geworden.
Mit der Fixierung auf einen Partner hast du natürlich vollkommen recht.Man sollte sich schon sicher sein einen verlässlichen Partner gefunden zu haben(Garantie gibts leider nicht).

Also,was halten den die anderen Forenmitglieder von diesen Aussagen , die sicherlich nicht von der Hand zu weisen sind.
Tschüß Jürgen
Hatti
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#18 Re: Auswandern

Beitrag von Hatti »

Die traurigste und letztlich entscheidende Erfahrung für mich war das nicht unerhebliche Mass an Ausländerfeindlichkeit in Finnland – etwas, womit man als Tourist oder als Nicht-Jobsuchender womöglich lange nicht in Berührung kommt. Viele Beschimpfungen (z.B. als „Ryssä“ oder Este) nimmt man auch gar nicht wahr, wenn man nicht Finnisch spricht. Selbst Finnen, die im Ausland z.B. studiert haben, werden mit vielen Vorurteilen konfrontiert.
In Finnland kann man recht schnell arbeitslos werden (meist ohne Abfindungen), selbst wenn man hochqualifiziert ist. Das Arbeitslosengeld beträgt, falls Du Dich zusätzlich privat absicherst (!), max. 42% Deines letzten Nettogehalts und das max. 2 Jahre lang. Nach einem Jahr Arbeitslosigkeit sind die Aussichten einer erneuten Einstellung äusserst gering.
Ausserhalb der Hauptstadtregion sind vakante Arbeitsplätze besonders dünn gesät und Beziehungen spielen eine umso grössere Rolle – ein weiterer Nachteil, wenn man Ausländer ist und daher nicht über das erforderliche Beziehungsnetz verfügt.


tja, das was du hier schreibst, klingt sehr traurig- ist es auch, aber meiner Meinung nach nicht Finnlandtypisch. Im Gegenteil- ich kann es 1:1 auf hier in Österreich umsetzen.
Hier ist es sogar so, dass du als Österreicher , wenn du in ein anderes Bundesland heiratest ( zb, von Tirol nach Kärnten)immer ein " zuagraster" sprich ein zugereister bleibst und nie so ganz dazugehören wirst. Tja,und wer einmal in Wien war kann speziell hier erfahren, was man einen Ausländer alles schimpfen kann.......und was man alles ertragen muß.....

Deutsch muß man jetzt bei uns verpflichtend 1 Jahr lernen um hier bleiben zu können und auch hier gilt ebenso wie in Finnland- man kann sehr schnell arbeitslos werden....

Alles in allem gesehen denke ich, daß es generell sehr schwer ist, wenn man beschließt in ein andres Land zu ziehen ( aus welchen Gründen auch immer), denn es ist eben anders. Ich MAnche tun sich leicht damit, andere wiederum nicht. Aber ich denke da hat jedes Land so seine Eigenheiten und die Gründe die du oben angeführt hast, passen meiner Meinung nach auf sehr viele Länder und sind nicht nur in Finnland so.
Zuletzt geändert von Hatti am 4. Mai 2005 15:19, insgesamt 1-mal geändert.
"Und ein Mädchen, das einen Wolf nicht von seiner Großmutter unterscheiden kann, muss entweder total dumm sein oder aus einer extrem hässlichen Familie stammen."

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Kathi
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#19 Re: Auswandern

Beitrag von Kathi »

Wie's viele hier schon geschrieben haben, so denke auch ich: Es ist zum Teil auch Glückssache. Wenn man gleich einen guten Job bekommt und nette Leute kennenlernt, ist es sicherlich einfacher, sich einzuleben. Wenn man Glück hat haben die Leute, die man trifft, keine Vorurteile gegenüber Ausländern, wenn man Pech hat schon. Das kann man aber vorher nicht wissen. Und sich nur von dem Gedanken abschrecken zu lassen, dass man eventuell angefeindet werden könnte, ist auch blöd. Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass man in Finnland schlechter behandelt wird, als Ausländer in Deutschland behandelt werden.

MfG, Kathi
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Jürgen
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#20 Re: Auswandern

Beitrag von Jürgen »

@Kathi
Du weißt aber schon , das es Ausländer (differenziert nach Herkunftsländern) in Deutschland oft nicht so leicht haben und schon schräg angesehen werden , denn man gibt ihnen oft die Schuld an den Problemen des sozialen Systems und der Arbeitslosigkeit.
Also ist deine Aussage nicht gerade aufmunternd.
Tschüß Jürgen
Kathi
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#21 Re: Auswandern

Beitrag von Kathi »

Ja natürlich, aber es kommt wirklich darauf an, wen man trifft. Ich habe z.B. kein Problem mit irgendwelchen Ausländern, ich bin z.B. mit einer Türkin gut befreundet. Und auch viele Leute die ich sonst so kenne haben da keine Vorurteile. Wenn du in Finnland solchen Leuten begegnest, lebst du dich sicher schnell ein.
Was ich eigentlich meinte war, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass es in Finnland mit den Vorurteilen gegenüber Ausländern schlimmer ist als hier. Ist zwar vielleicht ein bischen extrem von mir, das jetzt so zu sagen, aber für mich fällt Deutschland im Punkte Ausländerfeindlichkeit immer als Negativbeispiel auf (bitte jetzt nicht kreuzigen dafür, ist halt subjektives Empfinden).

MfG, Kathi
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#22 Re: Auswandern

Beitrag von sunny1011 »

Ich schliesse mich an, dass Kerstin Aussage viele wichtige und auch für mich weit verbreitete Punkte beinhaltet und unbedingt in Betracht gezogen werden soll. Dem "Freunde Aussortieren" würde ich nur nicht zustimmen, da eigentlich eher Familienverbindungen lockerer sind, und Freunde nach langem Eisbrechen wirklich Freunde sind :] .

Ich würde hier ohne meinen Mann wohl keine Minute bleiben, leider. Kenne zwar zwei Deutsche, die aus Überzeugung hier wohnhaft sind.

Vielleicht habe ich im Beruf und weiterem Umfeld Pech, dass ich Leuten begegne, die mich betrachten, als hätte ich persönlich Lappland verbrannt, aber man muss noch unterscheiden = Ausländer in Finnland, und deutsche Ausländer in Finnland...
Aus Finnen von Sinnen [auf Finndeutsch]: "Finnland verhält sich zu der Erde wie das Erde zu der Universum. Weisst du, wir sind ein bisschen weit weg von die Zentrum, und wenn du vorbeifliegst an uns, denkst du, ach, da gibt es doch nur Wasser und Wolken. Deswegen steigt auch wenige aus hier. Macht aber nix, sind ja auch ganz gut allein zurechtgekommen bis jetzt (...) Allerdings lässt sich dieser O-Ton (...) hochmutiger auslegen. (...) dass ihre Heimat der einzige Ort auf Erden ist, an dem sich wahrhaft intelligentes Leben findet (...)
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Svea
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#23 Re: Auswandern

Beitrag von Svea »

Ich nehme an, es kommt wirklich auf das Umfeld an, in dem man tätig sein will.
Ich denke zum Lernen/Studieren, bei internat. Organisationen etc. ist es als Ausländer weniger ein Problem, als wenn man irgendwo in einem Betrieb mit engstirnigen Mitarbeitern arbeitet...

Ich sehe es nur hier bei mir an der Uni. Wir haben einen Ausländeranteil von 11% und es klappt wirklich total gut (zumindest aus meiner Sicht). Wenn die Leute in den Seminare schlecht sprechen, lacht niemand und auch so habe ich überhaupt nicht den Eindruck, dass hier irgendwer diskriminiert oder ausgeschlossen wird, nur weil er woanders her kommt. Im Gegenteil.
Wenn man aber in irgendsoeiner Firma mit alteingesessenen Kollegen hier in Deutschland anfängt, könnte es u.U. schwieriger sein (muss natürlich auch nicht).

Ich könnte mir vorstellen, dass es in Finnland ähnlich ist...?!
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Kathi
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#24 Re: Auswandern

Beitrag von Kathi »

@Svea: Ich habe sowieso das Gefühl, dass es Ausländer an Universitäten etwas leichter haben als anderswo. Bei uns an der Uni gibt es viele ausländische Mitarbeiter und Dozenten, die werden aber trotzdem ganz gut akzeptiert, auch wenn sie teilweise kaum Deutsch können. In vielen Labors unterhalten sich die Leute dann meist auf Englisch, damit es alle verstehen.

MfG, Kathi
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Naali
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#25 Re: Auswandern

Beitrag von Naali »

Ich finde die Ausländerfeindlichkeit nicht schlimmer als in Deutschland. Überall gibt es engstirnige und intolerante Menschen, aber der Großteil ist sehr aufgeschlossen und auch sehr an der Kultur der Ausländer interessiert.
Aus unserem Deutsch-Finnischen verein kenne ich viele Deutsche, die dauerhaft in Finnland leben, zum Teil schon über 30 Jahre. Noch nie hat mir jemand über Probleme berichtet, ganz im Gegenteil. Sie sind begeistert von Finnland und seine Offenheit.
Das einzige, was hin und wieder mal ist, sind Probleme im Umgang mit Russen. ich habe selber russische Freunde und sie wurden nicht immer so toll aufgenommen..
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OB1
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#26 Re: Auswandern

Beitrag von OB1 »

Ich lebe seit 4 Jahren in Finnland und kann Kerstin in absolut jedem Punkt nur zustimmen. Zum Glück habe ich im Moment einen beruflichen Weg gefunden um weiterhin hier leben zu können und werde auch gerne in Finnland bleiben. Ich habe hier meine persönliche Oase gefunden, trotzdem ist es für Ausländer in Finnland genau so, wie Kerstin es beschrieben hat.
Zuletzt geändert von OB1 am 12. Jun 2005 13:22, insgesamt 1-mal geändert.
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taikuri
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#27 Re: Auswandern

Beitrag von taikuri »

da meine zeit in finnland ja nur relativ kurz war und ich arbeitsmäßig nie vor irgendwelchen problemen stand (war ja alles durchorganisiert...), kann ich höchstens was zum "ausländer-problem" sagen. die finnen, mit den ich im alltag zu tun habe, sind mir gegenüber meistens sehr offen und freundlich gewesen. meine chefin und meine gastmutter haben aber auch beide längere zeit im ausland gelebt. mit meinen kolleginnen komme ich nur leidlich zurecht. die sprechen schlecht bzw. gar kein englisch, was gerade am anfang sehr schwierig war, zumal sie sich über alle versuche meinerseits in finnisch zu kommunizieren lustig gemacht haben und immer behaupteten, nichts zu verstehen. finnische freunde habe ich keine. ich kenne hier in der stadt eine menge leute und verstehe mich auch gut mit vielen, treffe mich mit ihnen oder unternehme was, aber das sind keine freundschaften und das würden auch keine werden, wenn ich noch länger bliebe. ich habe schon das gefühl, auf distanz gehalten zu werden. die einzigen freunde, die ich hier habe und die ich wirklich als freunde bezeichnen würde, sind auch ausländer. im prinzip ist es genauso, wie in deutschland, wo sich die leute auch oft darüber aufregen, dass "die ausländer" immer zusammenhängen. aber was bleibt einem übrig. ich bin wegen des ausländerseins nie irgendwie angegriffen worden, aber man merkt schon, dass die leute lieber ein bißchen abstand halten.
leben ist nur ein traum
schmerz nur eine illusion
Gast_

#28 Re: Auswandern

Beitrag von Gast_ »

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Zuletzt geändert von Gast_ am 14. Jun 2005 22:39, insgesamt 1-mal geändert.
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#29 Re: Auswandern

Beitrag von Naali »

Man muss normalerweise beweisen/versichern, dass man sich alleine im Land versorgen kann. Durch Arbeit, Familie, Erspartem usw. Denn man hat "ohne alles" keinen Anspruch auf Unterstützung (Arbeitslosengeld usw)
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Gast_

#30 Re: Auswandern

Beitrag von Gast_ »

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