Wer sich für die Geschichte von Riutula und die Entstehung des Youth & Holliday Centre Vasatokka näher interessiert:
Eng verbunden mit dem Youth & Holliday Centre Vasatokka bzw. dem früheren Rutula ist der Name einer Diakonissin: Naemi von Bonsdorff. Ohne ihr würde es diese Einrichtung heute nicht geben. Hier eine kurze "Biografie" zu diesem ursprünglichen Kinderheim und Schule:
Im Jahr 1902 schickte der finnische NNKY, das ist der finnische Christliche Verein junger Frauen die Diakonisse Naemi von Bonsdorff im Alter von 28 Jahren in den Norden Lapplands, um Waisenkinder und in Not geratene Familien zu helfen. Damals herrschte in dieser Gegend bittere Not. Naemi von Bonsdorff kaufte seinerzeit für diesen Zweck ein heruntergekommenes und verlassenes bäuerliches Anwesen gut 10 km nordöstlich von Inari am Muddusjärvi (See) und schenkte es dem NNKY.
Naemi von Bonsdorff schuf dort in den Folgejahren sowohl ein Kinderheim als auch ein Wohnheim für alte, hilfsbedürftige Menschen. Später wurde auch eine Schule durch ihre Initiative gegründet. Sie wurde schließlich zur ersten Direktorin der Einrichtung.
Das Leben dort war recht beschwerlich, besonders im Winter. Die schlimmsten Ereignisse in Riutula waren zum einen die Spanische Grippe, die 1920 in ganz Europa tobte und selbst in der seinerzeit sehr dünn besiedelten Gegend um Inari mindestens 200 Todesopfer forderte. Medizinische Hilfen gab es in Lappland für die Bewohner praktisch nicht. Erkrankte Menschen wurden zumeist in Hütten isoliert, wo man sie ihrem Schicksal überließ.
Die Pandemie machte im Norden Lapplands viele Kinder zu Waisen und bescherte der Einrichtung mehr Kinder, als eigentlich Plätze zur Verfügung standen. Es folgte 1944/45 der Lapplandkrieg, wo die Bewohner Lapplands und auch von Riutula ins südwestliche Finnland nach Ylivieska evakuiert wurden. Die Gebäude in Riutula wurden im Krieg nicht zerstört, so dass die Heimbewohner nach dem Krieg nach Riutula zurückkehren konnten. Allerdings waren viele zurückgelassene private Dinge gestohlen oder zerstört worden.
Eine große Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit auch über Finnlands Grenzen hinaus erzielte Riutula durch eine von der amerikanischen Air Force ins Leben gerufene Aktion „Jingle Bells“. So landetete ab 1956 jeweils zu Weihnachten im Beisein der Presse und Vertretern der Politik eine amerikanische Militärmaschine mit Weihnachtsgeschenken für die Kinder von Riutula vor dem Haus auf dem zugefrorenen See. Ein Soldat als Weihnachtsmann verkleidet verteilte dann die Geschenke an die Kinder und den dort beschäftigten Erwachsenen.
Auch erhielt Riutula viel Unterstützung von Vereinen und Organisationen, die mit dem Verkauf von selbst hergestellten Kunsthandwerk, Bekleidungsgegenständen und Gebrauchsgütern die Einrichtung bzw. deren Fortbestand sponserten und sicherten.
Bis Ende der 1950er Jahre noch verfügte Riutula über keinen Strom und keinen direkten Straßenanschluss. Die letzten acht Kilometer dorthin waren nur unter erschwerten Bedingungen zu bewältigen. Riutula war quasi eine Missionsstation am Ende der Welt. Die Verhältnisse änderten sich erst im Jahr 1966, als ein neues Hauptgebäude oberhalb des Sees an der neuen Straße eingeweiht wurde.
Nachdem sich der Lebensstandard und die allgemeine soziale Sicherheit auch im nördlichsten Finnland besserten konnte die Einrichtung als die sie einstmals gegründet wurde, 1978 geschlossen werden. Sie hatte bis dahin ihren Zweck erfüllt. Die zum Schluss noch in Riutula lebenden 10 Kinder wurden auf andere Einrichtungen verteilt oder als Pflegekinder in Familien gegeben. Lediglich der Schulbetrieb für die Samikinder lief dort noch einige Jahre weiter.
Nachdem die Einrichtung einige Zeit leer stand wurde dort 1994 mit Hilfe des Bildungsministeriums ein Jugendzentrum errichtet. Die Einrichtung dient heute der Förderung der nationalen und internationalen Jugendarbeit und bietet sich an als Bildungseinrichtung für Schulklassen, Lehrer und andere interessierte Gruppen. Auch private Wandergruppen und Individualtouristen wie Wanderer finden dort Aufnahme. Die Einrichtung nennt sich heute Nuoriso- ja luontomatkailukeskus Vasatokka (Youth & Holliday Centre Vasatokka).
Die alten Gebäude von Riutula wurden leider alle abgerissen. Gäste des Zentrums können sich aber noch heute auf einem etwa einen Kilometer langen Kulturpfad einen Einblick über das frühere Leben auf Riutula verschaffen.
Rückblickend auf das Leben und Wirken von Naemi von Bonsdorff kann man sagen, dass ihr und ihrem Wirken viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Sie wirkte und starb in der Stille am 7. Februar 1921 im Alter von nur 47 Jahren.
Hier noch einmal die Doku aus dem Jahr 1965, deren Link Tenhola ja bereits nannte:
http://yle.fi/elavaarkisto/artikkelit/r ... edia=46936
Nachtrag:
Über das Leben und die Arbeit von Naemi von Bonsdorff und dem von ihr gegründeten Kinderheim und Schule in Riutula ist in der Literatur nach meiner Recherche leider nichts zu finden. Meine Recherchen ergaben zwar, dass 1994 ein Buch mit dem Titel “Riutula, ikirakkaus” von V.A. Mansikka-aho, ISBN: 9529052685, erschienen ist, wobei mit dem Titel auch der Name Naemi von Bonsdorff genannt wird. Nur ist dieser Titel außer in einigen Verzeichnissen finnischer und schwedischer Universitätsbibliotheken nirgendwo zu finden. Die hier zu einer Art Biografie zusammengetragenen Informationen stammen aus folgenden Internetseiten:
http://www.vasatokka.fi/
http://yle.fi/elavaarkisto/artikkelit/r ... edia=46936
http://www.geni.com/people/Naemi-Bonsdo ... 1659176134
http://www.kolumbus.fi/paavo.mattila/paavo.htm
https://www.facebook.com/media/set/?set ... 902&type=3
http://de.wikipedia.org/wiki/Inari_%28Gemeinde%29