Suizidalität in Finland

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Peter
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#1 Suizidalität in Finland

Beitrag von Peter »

Sapmi hat geschrieben:Zurück zu den Nachrichten:

In Finnland wurde gestern der Selbstmordopfer des Landes gedacht.
Die Selbstmordrate in Finnland gehört zu den höchsten Europas. Immerhin ist sie in den letzten beiden Jahrzehnten um 1/3 gesunken.
Monday 22.11.2010
Finns remember those lost to suicide
Finland's suicide rate is among the highest in Europe.
Published: 21.11.2010 14:26

As show in this photo from YLE, candles were lit across Finland on Nov. 21 in memory of suicide victims and also to provide comfort and consolation to relatives.

Sunday was also the start of a national mental health week in Finland, YLE reports.

The Finnish Central Association for Mental Health wants to emphasize the importance of contact between people because loneliness resulting from a lack of contact with others can be too much to bear, the association says.

The group is also calling for an end to the atmosphere of secrecy and shame surrounding the issue of suicide.

Finland’s annual suicide rate stands at about 1,000 and is among the highest in Europe.

However, the rate of suicides has fallen by one-third over the past two decades.
http://www.sikunews.com/News/Finland/Fi ... icide-8258
Mich würde einmal interessieren, wie es sich mit der Verteilung der Selbsttötungen in Finnland oder auch in Norwegen/Schweden verhält. Weit verbreitet ist ja die Meinung, dass die Suizidrate in Regionen nördlich des Polarkreises höher ist als in den südlicher gelegenen Landesteilen. Begründet wird dies mit einer höheren Rate von unter Depressionen leidenden Menschen infolge der langen Winter mit lang anhaltender Dunkelheit auch am Tage. Aber auch die Zeit, in der die Sonne überhaupt nicht untergeht soll dazu beitragen, dass der Hormonhaushalt der Menschen durcheinander gerät, was wiederum zu Schlaflosigkeit und höherer Erregbarkeit führt und dadurch die Menschen eher zu einem suizidalen Verhalten neigen. Dies ist das Ergebnis einer Studie, die das Stockholmer Karolinska-Institut in Grönland durchführte, wo die Selbsttötungsrate besonders hoch ist.
Snecki
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#2 Re: Suizidalität in Finland

Beitrag von Snecki »

Ich habe mal gelesen, daß die Selbstmordrate im Frühling am höchsten ist. Dann liegt es wohl doch am langen, dunklen Winter oder daran, daß die meisten Menschen drumrum im Frühling so gut drauf sind und depressive Menschen das besonders intensiv wahrnehmen? :nixweiss:

Weiß allerdings nicht mehr, ob die Studie nur für Deutschland oder die ganze Welt galt.
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sunny1011
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#3 Re: Suizidalität in Finland

Beitrag von sunny1011 »

Doch, das hab ich hier auch wo mitbekommen.
Aus Finnen von Sinnen [auf Finndeutsch]: "Finnland verhält sich zu der Erde wie das Erde zu der Universum. Weisst du, wir sind ein bisschen weit weg von die Zentrum, und wenn du vorbeifliegst an uns, denkst du, ach, da gibt es doch nur Wasser und Wolken. Deswegen steigt auch wenige aus hier. Macht aber nix, sind ja auch ganz gut allein zurechtgekommen bis jetzt (...) Allerdings lässt sich dieser O-Ton (...) hochmutiger auslegen. (...) dass ihre Heimat der einzige Ort auf Erden ist, an dem sich wahrhaft intelligentes Leben findet (...)
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Sapmi
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#4 Re: Suizidalität in Finland

Beitrag von Sapmi »

Snecki hat geschrieben:Ich habe mal gelesen, daß die Selbstmordrate im Frühling am höchsten ist.
Das hab ich auch schon von mittlerweile 2 Seiten gehört, also speziell in Bezug auf Nordfinnland. Das plötzliche Licht und so. Ist wohl aber wirklich ein Phänomen des Nordens mit den besonders dunklen Wintern, denn von Mitteleuropa oder so hab ich sowas noch nie gehört und kann es auch überhaupt nicht nachempfinden, da ich selbst auch normalerweise in der dunkelsten Zeit am düstersten drauf bin und auch von echt Depressiven im Bekanntenkreis weiß ich, dass da eher Herbstende und Winteranfang die schlimmsten Zeiten sind.
Wobei Selbstmord ja aber nochmal eine andere Sache ist. Dazu reicht wohl eine "einfache" Depression nicht aus, geschweigedenn eine banale winterliche depressive Verstimmung. Da muss wohl schon noch was anderes vorliegen, um zu einem solchen Entschluss zu gelangen.
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MustaJoutsen
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#5 Re: Suizidalität in Finland

Beitrag von MustaJoutsen »

Dazu kommt, denke ich auch, einfach der Fakt, das hier die Antidepressiva ausgegeben werden wie Bonbons.
"Ach Du hast Depressionen, hier nimm die."
Wie die genommen werden ect wird nicht mal wirklich überwacht sondern man wird nur gefragt ob alles ok ist. Einige der Mittel sind ja auch antriebssteigernd, was nach so einem langen und dunklen Winter oft fehlt. Der Antrieb ist meist eher da, als dass die Mittel die Stimmung aufhellen und daher steht in den "Waschzetteln" schon von vorne herein, das ein erhöhtes Risiko der Suizidalität vorliegt.
Neben dem, ist auch das Problem, dass die Kela nur 3 Jahre eine Therapie bezahlt.
3 Jahre auf ein ganzes Leben bezogen und wenn man dann mehr als nur eine depressive Phase hat und dauehafte Therapie brauchen würde, wie zum Beispiel einen Akutaufenthalt in einer Klinik, danach stabilisierende Therapie und evtl noch Ursachenforschung wie eine Traumtherapie oder sowas, dann sind 3 Jahre schnell weg und die Hilfe besteht dann nur noch aus Tabletten.
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sunny1011
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#6 Re: Suizidalität in Finland

Beitrag von sunny1011 »

MustaJoutsen hat geschrieben:Dazu kommt, denke ich auch, einfach der Fakt, das hier die Antidepressiva ausgegeben werden wie Bonbons.
"Ach Du hast Depressionen, hier nimm die."
Absolut korrekt. Die Pillen ersetzen hier vermeintlich die Seelsorge. Therapie wenn man sie braucht? Jedenfalls nicht im öffentlichen System - anahand vom Blick in die Medien und Erfahrungen im Umkreis. Privat kann man schon therapeutische Hilfe bekommen, liegt aber wieder ganz in der Hand von grosszügigen Arbeitgebern oder dem eigenen dicken Portemonnaie. Es wird die (Neben)Wirkung auch sehr runtergespielt (wie auch die von Cortison).
MustaJoutsen hat geschrieben:Wie die genommen werden ect wird nicht mal wirklich überwacht sondern man wird nur gefragt ob alles ok ist. Einige der Mittel sind ja auch antriebssteigernd, was nach so einem langen und dunklen Winter oft fehlt. Der Antrieb ist meist eher da, als dass die Mittel die Stimmung aufhellen und daher steht in den "Waschzetteln" schon von vorne herein, das ein erhöhtes Risiko der Suizidalität vorliegt.
Stimmt.
Man beobachte ebenfalls das Verhältnis zu Energiedrinks - nicht nur bei Jugendlichen! Neulich wurde die Sucht mit (späteren) Alkoholsucht in Verbindung gebracht. Ich hab schon Eltern gesehen, die einer (danach quängelnden nicht älter als 12) in die Hand gedrückt haben.
MustaJoutsen hat geschrieben:Neben dem, ist auch das Problem, dass die Kela nur 3 Jahre eine Therapie bezahlt.
3 Jahre auf ein ganzes Leben bezogen und wenn man dann mehr als nur eine depressive Phase hat und dauehafte Therapie brauchen würde, wie zum Beispiel einen Akutaufenthalt in einer Klinik, danach stabilisierende Therapie und evtl noch Ursachenforschung wie eine Traumtherapie oder sowas, dann sind 3 Jahre schnell weg und die Hilfe besteht dann nur noch aus Tabletten.
Falls man die denn mal bekommt, von langen Wartezeiten und div. Schliessungen mal abzusehen.

Traurig aber wahr, wenn man den Tatsachen ins Auge sieht. Ebenfalls ist die Hilfe sehr beschränkt (neulich in den Schlagzeilen), wenn es um berufsbedingten Burn-out oder Mobbing geht, wonach die Rate der Frührenten aus diesen Gründen in Finnland himmelhoch nach oben schiesst.
Aus Finnen von Sinnen [auf Finndeutsch]: "Finnland verhält sich zu der Erde wie das Erde zu der Universum. Weisst du, wir sind ein bisschen weit weg von die Zentrum, und wenn du vorbeifliegst an uns, denkst du, ach, da gibt es doch nur Wasser und Wolken. Deswegen steigt auch wenige aus hier. Macht aber nix, sind ja auch ganz gut allein zurechtgekommen bis jetzt (...) Allerdings lässt sich dieser O-Ton (...) hochmutiger auslegen. (...) dass ihre Heimat der einzige Ort auf Erden ist, an dem sich wahrhaft intelligentes Leben findet (...)
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MustaJoutsen
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#7 Re: Suizidalität in Finland

Beitrag von MustaJoutsen »

Ich kenns halt aus ersöhnlicher Erfahrung hier.
Man sucht Hilfe, weils einem beschissen geht und was bekommt man?
Nen Rezept für 6 Monate und nen warmen Handschlag wenns gut geht.

Man muss sich nur einfach im Klaren sein, wenn man her kommt, so schwer es auch sein mag in die Kela rein zu kommen, danach wirds auch nicht alles bombiger.
Ausser das die Medikamente billiger werden.
Ach ja und nicht zu vergessen, die ewiger Rennerrei zu dem Verein und Formulare in Finnisch die nicht mal die Finnen verstehen.

Ich kanns mir gut vorstellen das die Frührenterzahlen explodieren und nicht zu vergessen auch die Depressionen ect zunehmen.
Wenn ich mir das an meiner Schule so angucke.
Kein Wunder.


Und das mit den Energydrinks ist mir auch aufgefallen.
Ist eigendlich noch wem neben mir aufgefallen das selbst in dem roten Fenix Koffein drin ist?
Ergo ist das auch ein Energydrink.
Die Kinder und Jugendlichen saufen das Zeugs hier Literweise.
Wenn ich das Zeugs so saufen würde, würde ich dauerhaft die Wände hochgehen und rappelig ohne Ende werden.
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Svea
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#8 Re: Suizidalität in Finland

Beitrag von Svea »

MustaJoutsen hat geschrieben: Ich kanns mir gut vorstellen das die Frührenterzahlen explodieren und nicht zu vergessen auch die Depressionen ect zunehmen.
Wenn ich mir das an meiner Schule so angucke.
Kein Wunder.
Wieso, was ist denn an deiner Schule los *neugier*?

Depressionsbehandlungen werden in Finnland nur für 3 Jahre bezahlt? Das ist ja wirklich erschreckend :shock: . Habe auch einige Depressionsfälle im näheren und ferneren Bekanntenkreis in Deutschland - niemand von ihnen ist nach 3 Jahren geheilt worden.


Zu Peters Frage:

Hier ist eine Zusammenfassung eines Artikels zur geographischen Verteilung der Selbstmordfälle in Schweden (http://webappl.web.sh.se/C125716A002881 ... nt&Sprak=S)

- Zahlen basieren auf den Jahren 2000-2002
- im Durchschnitt 16,6 Selbstmorde pro 100.000 EW => höchste Zahl in Gotlands län (Süden) und niedrigste Zahl in Västerbotten (Norden). Überdurchschnittliche Zahlen auch on Östergötland, Kronobergs Län, Blekinge, Skåne und Värmland, Dalarna, Gävleborges Län (alle eher im Süden). Westküste, Jönköpings Län, Södermanland und Norrbotten etwas unter Durchschnitt.
- im Vergleich zu Zahlen von 1930 hat sich die geographische Verteilung der Selbstmorde stark geändert, die Unterschiede zwischen den Regionen sind insgesamt aber geschrumpft (z.B. 1830 in Stockholm 9x höhere Selbstmordraten als in Västerbotten)

Also, die These "Je weiter nördlich, desto mehr Selbstmorde" trifft auf Schweden scheinbar nicht zu.
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sunny1011
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#9 Re: Suizidalität in Finland

Beitrag von sunny1011 »

Svea hat geschrieben:Wieso, was ist denn an deiner Schule los *neugier*?
Neulich und schon lange in den Schlagzeilen: viel Mobbing, wenig Unterstützung. Wenig Macht, die Fälle zu lösen.

Auch schwarze Zahlen im Berufsleben zu diesem Thema, besonders wenn noch der "alte" finnische Führungsstil angewandt wird.
Aus Finnen von Sinnen [auf Finndeutsch]: "Finnland verhält sich zu der Erde wie das Erde zu der Universum. Weisst du, wir sind ein bisschen weit weg von die Zentrum, und wenn du vorbeifliegst an uns, denkst du, ach, da gibt es doch nur Wasser und Wolken. Deswegen steigt auch wenige aus hier. Macht aber nix, sind ja auch ganz gut allein zurechtgekommen bis jetzt (...) Allerdings lässt sich dieser O-Ton (...) hochmutiger auslegen. (...) dass ihre Heimat der einzige Ort auf Erden ist, an dem sich wahrhaft intelligentes Leben findet (...)
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MustaJoutsen
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#10 Re: Suizidalität in Finland

Beitrag von MustaJoutsen »

In meinem ersten Jahr an der Schule sind wir mit Arbeit sowas von vollgeschmissen worden, schon in den ersten Wochen, mit Dingen die keiner wirklich verstand und mit Erklärungen von Dozenten, die noch weniger zu verstehen waren.
Wenn man nachfragte kamen dann so Sachen wie "Fragen Sie google" oder sowas.
Lästerrein und ähnliches waren da auch an der Tagesordnung und da wir fast nur Mädels im Studiengang sind, wurd die Zickerrei auch auch nicht besser.
Hilfe der Lehrer war "Halten sie mich auf dem Laufenden" und erst nachdem man wirklich nachdrücklich sagte, was so alles gelästert wird, wurde was unternommen.
Man durfte dann Gruppen wechseln.
Die Lehrer sind echt hilflos bei sowas.

Ach ja und um die daraus entstehenden Probleme bei vorbelasteteten Menschen gabs dann die Hilfe der psychiatrischen Schulkrankenschwester war dann ein "Depressionstest", die Verweisung ans nächste KRankenhaus, wo man dann nach 2 min reden Pillen bekam und man noch entscheiden durfte, welche man haben will.


@Svea
Das wurde mir so gesagt, also das Therapien egal welcher Art nur 3 Jahre auf Lebenszeit von der KELA bezahlt werden-
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