#166 Re: Alkohol und die Finnen, ein langes Thema
Verfasst: 29. Mai 2008 06:15
Quelle: Badische Zeitung, 14. April 2008 (Hannes Gamillscheg)
Die Alkoholflaschen sollen sauber bleiben
"WARNUNG" sollte auf den Flaschen stehen, in Blockbuchstaben. Und: "Alkohol ist schädlich für den Fötus und für deine Gesundheit." Ob auf Leichtbier im Supermarkt, Champagner beim Sektgelage oder dem Whisky-Fläschchen aus der Minibar - nirgends und in keiner Form sollte man in Finnland Alkohol konsumieren können, ohne von dem Warntext mit den Gefahren des Trinkens konfrontiert zu werden. So war es beschlossen, so sollte es anfangs nächsten Jahres in Kraft treten. Doch nun hat die Regierung in Helsinki eine Kehrtwendung gemacht und - was äußerst selten vorkommt - das längst verabschiedete Gesetz wieder zurückgezogen.
Seltsam findet dies die Alkoholforscherin Marjatta Montonen. "Das ist ein gigantischer Triumph der Alkoholindustrie und ein großer Verlust für die Finnen. Darunter werden wir alle leiden." Schließlich ist Alkohol die häufigste Todesursache unter Männern im arbeitsfähigen Alter, und die Frauen ziehen rasch nach. Jeder fünfte Finne und jede zehnte Finnin gelten als "harte Trinker" , auch wenn immer mehr Arbeitsplätze strenge Alkoholverbote erlassen. Der hohe Anteil betrunkener Täter führt dazu, dass Finnland einen Spitzenplatz in der europäischen Gewaltstatistik inne hat. Als die Regierung 2004 im Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung die Steuern senkte, um die private Einfuhr von billigen Alkoholika zu unterbinden, wuchs der heimische Verkauf um 50 Prozent. Und obwohl seither die Abgaben wieder angehoben wurden, steigt der Konsum weiter.
Ein Einspruch der EU habe den Rückzug notwendig gemacht, begründet die Regierung, warum sie das Gesetz kippte, noch ehe es in Kraft trat. Tatsächlich hatte die EU-Kommission die Finnen darauf hingewiesen, dass die geplanten Regeln gegen den freien Wettbewerb verstießen. Doch für Marjatta Montonen ist das eine Ausrede. Sie gehörte der Arbeitsgruppe an, die die Warnung formulierte, und deren Arbeit sie nun "Farce" nennt. Die Hälfte der Experten sei von der Alkoholindustrie entsandt gewesen, die "ihre Flaschen am liebsten überhaupt nicht mit Warnetiketten besudelt hätten" , sagte die Forscherin. "Die vorige Regierung wollte die Labels, um dazu beizutragen, den rasch steigenden Alkoholkonsum zu bremsen. Die jetzige wählt eine andere Linie." Für die konservative Gesundheitsministerin Paula Risikko sind Warnaufschriften "nicht zweckdienlich" . Ähnlich sieht das ihr Parteifreund Timo Jaatinen, der Direktor des Brauereiverbandes: "Nur auszuposaunen, dass Alkohol schädlich ist, hilft nichts und bringt der Industrie nur unnötige Ausgaben."
Die Alkoholflaschen sollen sauber bleiben
"WARNUNG" sollte auf den Flaschen stehen, in Blockbuchstaben. Und: "Alkohol ist schädlich für den Fötus und für deine Gesundheit." Ob auf Leichtbier im Supermarkt, Champagner beim Sektgelage oder dem Whisky-Fläschchen aus der Minibar - nirgends und in keiner Form sollte man in Finnland Alkohol konsumieren können, ohne von dem Warntext mit den Gefahren des Trinkens konfrontiert zu werden. So war es beschlossen, so sollte es anfangs nächsten Jahres in Kraft treten. Doch nun hat die Regierung in Helsinki eine Kehrtwendung gemacht und - was äußerst selten vorkommt - das längst verabschiedete Gesetz wieder zurückgezogen.
Seltsam findet dies die Alkoholforscherin Marjatta Montonen. "Das ist ein gigantischer Triumph der Alkoholindustrie und ein großer Verlust für die Finnen. Darunter werden wir alle leiden." Schließlich ist Alkohol die häufigste Todesursache unter Männern im arbeitsfähigen Alter, und die Frauen ziehen rasch nach. Jeder fünfte Finne und jede zehnte Finnin gelten als "harte Trinker" , auch wenn immer mehr Arbeitsplätze strenge Alkoholverbote erlassen. Der hohe Anteil betrunkener Täter führt dazu, dass Finnland einen Spitzenplatz in der europäischen Gewaltstatistik inne hat. Als die Regierung 2004 im Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung die Steuern senkte, um die private Einfuhr von billigen Alkoholika zu unterbinden, wuchs der heimische Verkauf um 50 Prozent. Und obwohl seither die Abgaben wieder angehoben wurden, steigt der Konsum weiter.
Ein Einspruch der EU habe den Rückzug notwendig gemacht, begründet die Regierung, warum sie das Gesetz kippte, noch ehe es in Kraft trat. Tatsächlich hatte die EU-Kommission die Finnen darauf hingewiesen, dass die geplanten Regeln gegen den freien Wettbewerb verstießen. Doch für Marjatta Montonen ist das eine Ausrede. Sie gehörte der Arbeitsgruppe an, die die Warnung formulierte, und deren Arbeit sie nun "Farce" nennt. Die Hälfte der Experten sei von der Alkoholindustrie entsandt gewesen, die "ihre Flaschen am liebsten überhaupt nicht mit Warnetiketten besudelt hätten" , sagte die Forscherin. "Die vorige Regierung wollte die Labels, um dazu beizutragen, den rasch steigenden Alkoholkonsum zu bremsen. Die jetzige wählt eine andere Linie." Für die konservative Gesundheitsministerin Paula Risikko sind Warnaufschriften "nicht zweckdienlich" . Ähnlich sieht das ihr Parteifreund Timo Jaatinen, der Direktor des Brauereiverbandes: "Nur auszuposaunen, dass Alkohol schädlich ist, hilft nichts und bringt der Industrie nur unnötige Ausgaben."