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RAUCHSAUNA IN FINNLAND
Lass qualmen - von Martin Cyris
Drei Dinge gehören, neben Schweiß, zu einer echten finnischen Rauchsauna: Bier, Würstchen und ein eiskalter See. Der rustikale Schwitzkasten mit Holzfeuer ist hierzulande fast unbekannt. Doch in Finnland lebt die alte Tradition, zum Beispiel in der Region Savo.
Raus aus den Klamotten, rein ins Vergnügen. Und dieses beginnt bereits in der Umkleidekabine. Da hängt dieses sonderbare Schild: "Rauchen verboten!" An einem normalen Ort nichts Ungewöhnliches. Doch in einer Rauchsauna? Klingt paradox, zumal unsere Nasen in diesem derben Blockhäuschen eindeutig Rauchgeruch wittern.
Wer eine finnische Rauchsauna betritt, muss nicht nur seine Kleidung ablegen, sondern auch sein Bild vom herkömmlichen Saunieren. Das ist in der Regel von bretterverschalten Einheitsschwitzkästen beeinflusst, vom Duft des Eukalyptus- oder Zimt-Apfel-Aufgusses und einer gedämpften Atmosphäre. In einer finnischen Rauchsauna riecht es dagegen nach Rauch und Budenzauber. Ein weiteres Piktogramm schreibt vorsichtshalber vor: Keine Sektflaschen auf den Saunabänken! Ganz offensichtlich geht es hier mitunter recht fröhlich zu.
Wir besuchen diese ganz spezielle Sauna im Herzen der finnischen Seenlandschaft, in der Provinz Savo. Unzählige Gewässer, Birken und Kiefern zaubern eine Stimmung wie im Skandinavien-Bilderbuch. Die schwach besiedelte Gegend wurde geprägt durch die Kultur der Fischer und Holzfäller. Die Urform der Sauna, die Rauchsauna, wird in Savo noch vielerorts praktiziert.
Wir wickeln gerade unsere dunkelblauen Frotteetücher um die Hüften, als Liisa, unsere Gastgeberin, an die schwere Türe klopft und ohne unser Okay abzuwarten ein paar Flaschen Bier auf den Tisch stellt. "Kippis!" ruf sie. Zu Deutsch: Prost! Bier vorm Schwitzen? Wer wie wir bislang streng nach den deutschen Saunaregeln sauniert hat, dem stößt der Gerstensaft auf, bevor er ihn getrunken hat. "Bier statt Quellwasser, das werde ich auch zu Hause einführen", witzelt dennoch einer und nimmt einen kräftigen Schluck aus der Pulle. Unsere finnischen Freunde sind vom Fach: "Nachher gibt’s noch mehr davon", verspricht Pekko, "und Würstchen, so viel ihr wollt!"
Doch vor dem Essen hat der Herr den Schweiß gesetzt. Und der soll uns jetzt gleich aus allen Poren fließen. Dank Harri, einem erfahrenen Einheizer. Eine Rauchsauna heiß zu machen, ist eine Kunst für sich. Harri ist an diesem Tag in aller Herrgottsfrühe aufgestanden, um die ersten Holzscheite in einem offenen Steinofen abzubrennen. Sechs Stunden hat Harri immer wieder Brennholz nachgelegt, um die Sauna auf Betriebstemperatur zu räuchern.
Das Feuer benötigt viel Fürsorge und Hingabe. Es darf weder zu klein sein, noch zu groß. "Denn sonst würde es nicht qualmen", erklärt Harri. Der heiße Qualm ist wichtig, schließlich sorgt er dafür, dass sich in einer Rauchsauna die Wärme ausbreitet. Die Feuerstelle verlangt außerdem viel Achtsamkeit. Laut einer inoffiziellen Statistik fackelt jede Rauchsauna einmal in fünf Jahren ab. "Aber das ist eher ein Gerücht", beschwichtigt Liisa, "unsere ist in 16 Jahren erst einmal abgebrannt."
Das überzeugt uns, und wir betreten das Allerheiligste der Rauchsauna, die Hitzekammer. Der Qualm ist längst durch Ritzen in Wänden und der Decke abgezogen. Außerdem hat Harri noch mal kräftig durchgelüftet und die Türen und kleinen Fenster geöffnet. Ein erster Aufguss hat außerdem dafür gesorgt, dass auch die allerletzten Rauchschwaden nach draußen getrieben wurden.
Der Raum ist schummerig. Elektrische Lampen gibt es keine, nur spärliches Tageslicht. Es riecht intensiv, aber nicht unangenehm nach Holzfeuer. "Die Wärme ist ja total weich", sagt ein weiblicher Gast, "und so mollig." Allerdings ist ihr mitgebrachtes weißes Handtuch im Handumdrehen nicht mehr wiederzuerkennen. "Ich hatte dich gewarnt", sagt Pekko, "du hättest besser eines der dunkelblauen genommen."
Harri hatte die Bänke und den Boden zwar noch abgewaschen, um den Ruß zu entfernen, doch auf dem Holz ist er natürlich nicht völlig wegzubekommen. In einer Rauchsauna spielt deshalb das oberste der Saunagebote überhaupt keine Rolle: "Kein Schweiß aufs Holz!" ist hier unbekannt. Erstens würde es keiner sehen, und zweitens ist das derbe Holz durch den Rauch und den Ruß ganz andere Einflüsse gewöhnt.
Fortsetzung folgt ...