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#1 Nachhilfe in Finnland
Verfasst: 7. Nov 2006 10:47
von Loja
Gibt es eigentlich in Finnland Nachhilfeorganisationen wie hier in D oder regelt dies alles die jeweilige Schule?
Wie findet man in FIN nachhilfewillige Schüler und was würden deren Eltern dafür bezahlen? Hat da jemand ein wenig Ahnung?
#2 Re: Nachhilfe in Finnland
Verfasst: 7. Nov 2006 12:39
von Naali
Nachhilfe wird von den Schulen direkt organisiert und findet nach dem regulären Unterricht statt. Der Nachhilfeunterricht ist kostenlos -> Gehört zur Schule. Finnische Schüler haben ein Recht auf Nachhilfeunterricht, wenn sie im regulären Unterricht aus diversen Gründen (lange Krankheitstage z.B. oder Lernschwierigkeiten) nicht mitkommen.
Auch gibt es oft unterstützende Personen, die direkt im Unterricht dabei sind oder bei den Hausaufgaben helfen (und bei anderen schulischen Dingen helfen). Das ist in Finnland eine spezielle 3-jährige Ausbildung.
#3 Re: Nachhilfe in Finnland
Verfasst: 7. Nov 2006 13:28
von Loja
Naali schrieb am 07.11.2006 12:39
Das ist in Finnland eine spezielle 3-jährige Ausbildung.
War ja eigentlich klar, dass nix ohne Spezialisierung geht :rolleyes: . Wenn ich mit Jodeln mein Geld verdienen möchte, muss ich erst ein 3-jähriges Jodel-Diplom vorweisen, hollerö.
Danke für die Info, lag ja nahe, dass sowas über Schule und Staat läuft.
#4 Re: Nachhilfe in Finnland
Verfasst: 7. Nov 2006 14:15
von sunny1011
Loja schrieb am 07.11.2006 14:28
Wenn ich mit Jodeln mein Geld verdienen möchte, muss ich erst ein 3-jähriges Jodel-Diplom vorweisen, hollerö.
Danke für die Info, lag ja nahe, dass sowas über Schule und Staat läuft.
So ist es nur im finnischen
öffentlichen Dienst. Das stimmt, es wird unmöglich auf speziellen Ausbildungen geritten. Negative Beispiele: Kurse in denen man lernt, wie man das Kreuzchen rechts im Bildschirm anklickt, damit eine Anwendung zugeht (alle Personal Computing Teilnehmer können es bestätigen).
Allerdings find ich es enorm positiv

:thumbsu: , dass in der Wirtschaft vielmehr die Leistung statt Papiere und Zertifikate zählen. Da ist Deutschland meilenweit davon entfernt. Es ist so einfach und effektiv statt Bewerbungsmappen zu wälzen, die richtigen Leute in der Probezeit auszusuchen. Deswegen laufen die Bewerbungsverfahren fast ohne Belegung der eigenen Ausbildung (manchmal zur Einsicht, aber keine dicke Mappen, keine Siegel und keine Stempel wie in Deutschland). Nur wenn man individuelle Ausbildungen gutheisst bekommt man wirklich gute und vor allem verschiedene Leute an Bord, keine vorgeformten 08/15 Einheitsausgebildeten.
Diesen Unsinn der "Spezialisierung" kenn ich aus meinem unmittelbaren Umfeld: für den öffentl. Tourismus (d.h. Stadtguides, nicht die privaten Unternehmen) gibt es eine spezielle Ausbildung (was sonst?). Sie besteht aus allgemeinen Teilen und einer Spezialisierung für ein Gebiet oder sogar Stadt (wie Helsinki), <span style="font-size:7pt;"><span style="color:skyblue;">ggf. Jodeln[/color][/color]

Wenn man in einem anderen Teil Finnlands als Guide arbeiten möchte, muss man in dem anderen Gebiet genau die selbe Ausbildung ablegen (allg. Teil wird wiederholt - sehr sinnig). Klar, man muss all die Burgen und Schlösser eingehend studieren...
Da kann man von Bürokratie und Megalomanie ein Lied singen :wall: .
Gut dass ich mit sowas nichts zu tun habe :rolleyes:
#5 Re: Nachhilfe in Finnland
Verfasst: 7. Nov 2006 14:26
von Naali
Loja schrieb am 07.11.2006 14:28
Naali schrieb am 07.11.2006 12:39
Das ist in Finnland eine spezielle 3-jährige Ausbildung.
War ja eigentlich klar, dass nix ohne Spezialisierung geht :rolleyes: . Wenn ich mit Jodeln mein Geld verdienen möchte, muss ich erst ein 3-jähriges Jodel-Diplom vorweisen, hollerö.
Danke für die Info, lag ja nahe, dass sowas über Schule und Staat läuft.
Wenn Pädagogik mit Jodeln verglichen wird...naja....
Ich jedenfalls finde es nur gut, wenn man eine pädagogische Ausbildung haben muss, wenn man Kindern hilft (Nachhilfe, Lernpläne, Motivation, Gespräche, Überwachung von Therapien), die aufgrund Behinderungen, Lernschwierigkeiten oder auch längere Abwesenheit (z.B.durch Krankheit) beim Unterricht nicht ausreichend mitkommen.
Wer sich über den Berufsstand informieren möchte, kann das gerne tun. Meine Cousine arbeitet in Hyvinkää und freut sich immer über Besucher...
#6 Re: Nachhilfe in Finnland
Verfasst: 7. Nov 2006 14:43
von Sapmi
Naali schrieb am 07.11.2006 14:26
Ich jedenfalls finde es nur gut, wenn man eine pädagogische Ausbildung haben muss, wenn man Kindern hilft
Da fällt mir natürlich gleich diese Sache mit den KindergärtnerInnen ein, die in D wohl mit der vergleichsweise laschesten Ausbildung diesen Beruf ausüben dürfen. Ich kenne da so'n Exemplar :rolleyes: , und sowas wird auf Kinder losgelassen. [img]mad.gif[/img]
FIN ist ja in dieser Hinsicht eher als vorbildlich bekannt, deshalb wundert mich dieses Nachhilfe-System auch nicht.
Aber kommt es vielleicht trotzdem vor, dass Schüler in dem einen oder anderen Fach mal für'ne Weile privat Einzel-Nachhilfe nehmen, wie's hier in D ja auch oft gemacht wird (und in F und so weiter...)? ?(
#7 Re: Nachhilfe in Finnland
Verfasst: 7. Nov 2006 14:51
von Naali
Ja, das bleibt den Kindern und Eltern natürlich freigestellt. In der Praxis ist es zwar eher selten (wegen kostenloser Nachhilfe in der Schule, direkte Verbindung zwischen Nachhilfelehrer und Klassenlehrer..falls der Nachhilfelehrer sogar nicht der eigene Fachlehrer/Klassenlehrer ist), aber interessant natürlich z.B.bei Sprachen - > Nachhilfe durch Muttersprachler.
#8 Re: Nachhilfe in Finnland
Verfasst: 7. Nov 2006 14:56
von sunny1011
Muttersprachler ist eine Geschichte für sich. Wenn ich es mit unserem Studiengang in Köln vergleiche, sind in Finnland Muttersprachler als Dozenten oder Professoren sooooo selten. In Köln war es nur in Ausnahmefällen zulässig, dass ein Deutscher Technik-, Wirtschafts- oder Rechtsübersetzungen in die Zielsprache (in meinem Fall Englisch und Spanisch) unterrichtete.
Hier ist es grösstenteils üblich - wohl weil sie nicht genügend Ausländer beschäftigen. Zunächst wegen all den Spezialausbildungen werden Finnen vorgezogen. Ich fand's an der Uni Helsinki schon krass, wie schlecht z.B. Spanisch unterrichtet wurde (hab dabei viel Finnisch gelernt) --> für mich nur eine Auffrischung, aber bei aller liebe - DAS will ich vom Muttersprachler haben.
#9 Re: Nachhilfe in Finnland
Verfasst: 7. Nov 2006 17:11
von sunny1011
Sapmi schrieb am 07.11.2006 15:43
Da fällt mir natürlich gleich diese Sache mit den KindergärtnerInnen ein, die in D wohl mit der vergleichsweise laschesten Ausbildung diesen Beruf ausüben dürfen. Ich kenne da so'n Exemplar :rolleyes: , und sowas wird auf Kinder losgelassen. [img]mad.gif[/img]
Das gibt einem zu denken Sapmi. Ich denke es gibt keinen noch so meilenweiten Unterschied zwischen Deutschland und Finnland wie in dieser Angelegenheit. So ein "Vorbild PISA System" kommt auch nicht von ungefähr. Egal ob gut ausgebildete Kindergärterinnen oder kostenlose Nachhilfe, es wird von Steuergeldern finanziert. Während Finnland wirtschaftlich nicht schlecht geht, stopft Deutschland die Löcher obwohl es rein in den Statistiken der EU ein Vorreiter im Import, Export, Wirtschaft usw. ist. Wo ist bloss das Geld hin?
Das Zauberwort heisst Investition in das Bildungssystem und die Bereitschaft der Gesellschaft für diese Zwecke auch hohe Steuern in Kauf zu nehmen. Es ist schon oft in Gesprächen rausgekommen: guck Dir doch unsere (die deutsche) Einstellung an. Wir zahlen Steuern, jede Erhöhung, jede 10 Euro Praxisgebühr wird bemeckert. Man will dafür die Leistung sehen für sich, nicht für die Gesellschaft. Andere Sache sind wie glaubwürdig sind die Politiker des jeweiligen Landes. In Finnland ist die Gesellschaft (manchmal zu gutgläubig) auf die
Wohlfahrt des Landes aus (es meckern nur die Ausländer bzw. die Deutschen ;) ). So eine Einstellung hab ich kaum in Deutschland erlebt.
Allemal verfügen Schulen in Finnland über eine wunderbare Ausstattung z.B. an PCs und Multimedia (manchmal sogar zuviel des Guten). In Deutschland gibt es marode Kisten (meine FH arbeitet noch mit einer 95 Version einer teuren Spezialsoftware während die Entwicklung schon längst weiter ist).
Die andere Sache, Finnland hat PISA gut vermarktet. Deswegen empfängt Finnland nicht gerade wenig and EU-Geldern für Bildungs- und Wirtschaft- und Forschungszusammenarbeitprojekten. Ob alle sinnvoll eingesetzt werden ist eine andere Frage - sagen wir mal, das meiste davon. Deutschland - egal ob es im Stande ist oder nicht - gehört zu den Hauptzahlern in der EU. Das EU-Verwaltungsapparat ist ineffektiv und da fliest noch zusätzlich an allen Ecken das Geld zwischen den Fingern.
Fazit: von nix kommt nix. Alle die erwähnten Stellen sind Funktionen des Staates. Daher braucht man sich nicht zu wundern, dass Deutschland so ein zusammegeflicktes System bietet.
#10 Re: Nachhilfe in Finnland
Verfasst: 7. Nov 2006 17:20
von Sapmi
sunny1011 schrieb am 07.11.2006 17:11
Wo ist bloss das Geld hin?
...
Deutschland - egal ob es im Stande ist oder nicht - gehört zu den Hauptzahlern in der EU. Das EU-Verwaltungsapparat ist ineffektiv und da fliest noch zusätzlich an allen Ecken das Geld zwischen den Fingern.
Zum Beispiel. ;)
sunny1011 schrieb am 07.11.2006 17:11
Wir zahlen Steuern, jede Erhöhung, jede 10 Euro Praxisgebühr wird bemeckert. Man will dafür die Leistung sehen für sich, nicht für die Gesellschaft.
Naja, für die Gesellschaft wird ja gerade nix geleistet.
Was die Praxisgebühr angeht: hab ich wohl schon mal woanders geschrieben: Im Vergleich zu vorher (will jetzt mal Vergleiche zu anderen Ländern weglassen) ist die Regelung asozialer, da Kleinverdiener schlechter wegkommen. Als das eingeführt wurde, haben die Kassen ja die Beitragssätze - sozusagen als "Ausgleich" (haha!) - gesenkt, das waren bei mir damals 1,49 Euro im Monat, bei 'nem Großverdiener natürlich ungleich mehr. Aber 10 Euro zahlen alle. Naja, das nur als Off-topic-Bemerkung am Rande.
#11 Re: Nachhilfe in Finnland
Verfasst: 7. Nov 2006 19:32
von Loja
Seltsam finde ich dann nur, dass in Finnland Abiturienten -hier OHNE 3-jährige Spezialausbildung - als Hilfslehrer unterrichten dürfen. Die Schwester einer finnischen Brieffreundin hat das gemacht und die Gute hatte auch keine pädagogische Ausbildung. 80
Jodeln hat sehr viel mit Pädagogik zu tun, besonders auf lernbehinderte Kinder/ Jugendliche hat es eine entspannende/entkrampfende Wirkung und das ist für die Aufnahme von Lernstoff sehr wichtig. Wenn ich mir da manche (und damit meine ich viele) Pädagogen ansehe, frage ich mich wieso man solche Leute auf Kinder loslässt. Eine SPEZIAL-Ausbildung macht noch keinen guten Lehrer (das gilt auch für Arzte!) aus.
#12 Re: Nachhilfe in Finnland
Verfasst: 7. Nov 2006 19:42
von Sapmi
Loja schrieb am 07.11.2006 19:32
Jodeln hat sehr viel mit Pädagogik zu tun, besonders auf lernbehinderte Kinder/ Jugendliche hat es eine entspannende/entkrampfende Wirkung und das ist für die Aufnahme von Lernstoff sehr wichtig.
Ich versuche gerade, mir vorzustellen, wie Du den Kindern was vorjodelst.
Loja schrieb am 07.11.2006 19:32
Eine SPEZIAL-Ausbildung macht noch keinen guten Lehrer (das gilt auch für Arzte!) aus.
Das stimmt!!! Was ja aber trotzdem nicht heißt, dass Studium/Ausbildung nicht wichtig wären.
#13 Re: Nachhilfe in Finnland
Verfasst: 7. Nov 2006 19:44
von Naali
Dann lasst uns doch die Berufsausbildungen abschaffen

#14 Re: Nachhilfe in Finnland
Verfasst: 7. Nov 2006 19:49
von Loja
Gute Idee! Eh vertane Zeit. ;)
#15 Re: Nachhilfe in Finnland
Verfasst: 7. Nov 2006 19:52
von Sapmi
Alles klar. Ich fang dann morgen als Kfz-Mechaniker an. Wer will sein Auto zu mir bringen?
