HimmelÜberBerlin hat geschrieben:
@Tenhola + sunny: ihr wohnt beide aktuell in Finnland ?
Wie seid ihr mit der Sprache zurecht gekommen ? Ist ja gleiche Sprachfamilie wie Estnisch, also doch bisschen kompliziert.
Ja.
Ich hab sehr lange gebraucht, bis ich Alltagsfinnisch angewandt habe, gelernt hab ich davor (VHS, unbrauchbar) und sofort am Anfang intensiv, jedoch nicht durch die Integrationsmassnahmen, die man bei uns vergessen konnte, sondern im Sprachzentrum der Uni neben einem Vollzeitjob. Einen Job hab ich fast sofort bekommen, aber es waren andere Zeiten und die Arbeit haben mir Briten/Amerikaner gegeben, die nicht solche Massstäbe wie Finnen haben. Ich hab 7 Jahre lang im englischsprachigen Umfeld (IT) gearbeitet, dennoch die Sprache gelernt, denn es war klar, dass ich hier bleiben werde und "auf Englisch zurechtkommen" ist meiner Meinung nach eine Ignoranz gegenüber der lokalen Kultur. Irgendwann sehnte ich mich nach einem Jobwechsel, hab noch weiter gelernt (dann schon auf Finnisch mit Finnen) und alles Jobs die als Arbeitssprache Englisch angegeben haben, waren in der Tat nur Aushängeschilder für die Internationalität der Firma. Man braucht Finnisch! Ich wollte auch einen Einstieg in eine finnischsprachige Umgebung, doch die Chance bekommt man nicht oft. Eine Firma hatte das Vertrauen und ich hab inzwischen viel mehr gelernt, bin so akzeptiert wie ich bin mit allen Fehlern und fühle mich rundum wohl. Auch unsere Firmensprache ist quasi Englisch, da 80% des Business aus dem Ausland kommt, aber die Produktgruppe für die ich arbeite ist rein Finnisch und somit auch die Arbeitssprache. Ich bin hier seit 10 Jahren, bin Übersetzerin vom (Erst)beruf doch die Sprache fiel mir schwer, selbst in dieser Umgebung. Sie ist anders als alles andere. Ich arbeite als usability engineer (nur wenig mit Sprachen zu tun).
Und ich arbeite in einer Softwareentwicklungsfirma. Allerdings als Humanist

- ich vermute die Möglichkeit hätt ich kaum in Deutschland und die Bezahlung ist auch mehr als zufriedenstellend.
HimmelÜberBerlin hat geschrieben:Ich verdiene hier in Berlin als Senior etwas mehr als 65.000 EUR / Jahr, würde aber sicher auch verzichten, aber nicht für 50.000 EUR/Jahr arbeiten. Es wäre also unfair, wenn ich die Zeit der Unternehmen vergeude ,wenn ich nur weil ich mich nicht informiert habe erst später feststelle, dass die Gehälter in keinster Weise dem etnsprechen was ich mir vorstelle.
50.000 Euro ist schon wirklich viel in Finnland, besonders für Ausländer und Einsteiger (ich meine ausm Ausland). Natürlich kann man auch Glück haben, aber der Weg dahin ist idR lang.
HimmelÜberBerlin hat geschrieben:
Es soll sich nun nicht so anhören, als wäre Geld das wichtigste für mich, aber ich möchte weiter in einem gewissen Bereich verdienen, so dass ich auch meiner zukünftigen Partnerin ein angenhemes Leben ermögliche. Nein, sie erwartet das nicht, aber ich bin da glaub einfach zu sehr Mann ;-)
Wieso? Das ist doch ein gerechtfertiges Vorgehen. Wer mag schon für einen Hungerlohn arbeiten, wenn er/sie lange gelernt hat, gut qualifiziert ist und erfahren? Zum Punkt 2: mind. Finninen sind sehr selbständig und ruhen sich ungern auf dem Einkommen des Mannes aus - kann dennoch nicht schaden. Estinnen sind sicherlich eher noch in der Rollenverteilung des ehem. Ostblocks (bin ja auch quasi so aufgewachsen, aber dafür zu deutsch

- bin in Oberschlesien geboren). Bei der Spanne ist es selbst notwendig und gängig, dass Kinder vom Staatseinrichtungen betreut werden und beide arbeiten Vollzeit - sowohl gewollt als auch notwendig. Mit einem Gehalt macht man in Finnland keine grossen Sprünge, es sei denn als Geschäftsführer. Mit finnischen Gehalt in Estland aber doch.
HimmelÜberBerlin hat geschrieben:Nun, meine Freundin ist Estin, und da wäre es ganz gut wenn ich in Tallinn wohnen und in Helsinki arbeiten könnte.
Gemeinsam in Deutschland leben wird die nächsten 2 -3 Jahre nicht möglich sein ,da die Tochter in einem Alter ist (bald 16 Jahre) , wo man sie nicht mehr aus dem schulischen umfeld reißen kann.
Ach, jetzt verstehe ich. Na ist ja klar, dass estnische Gehälter damit nicht mithalten können und das Arbeitsangebot auch nicht. Das Land ist wohl sehr betroffen von der Krise. So ist aber Finnland auch und erholt sich lt. Prognosen langsamer als Mitteleuropa.
Was meinst Du mit aus dem Umfeld reissen?
HimmelÜberBerlin hat geschrieben:Glaubt man zwar erstmal nicht ,aber Lebensmittel, Wohnungen usw. Geben sich nicht viel mit Deutschland. Verstehe manchmal gar nicht, wie Esten bei dem eher geringen Einkommen da noch zufrieden sein können. Estland hat Pauschalbesteuerung, ca. 30 % ,wenn ich in Estland besteuert würde ,wäre es natürlich besser.
Hm, Wohnkosten kann ich mir vorstellen, da es (schöne) Trendstädte sind - das übliche Problem der ehem. Ostblockländer, aber Lebensmittel müssen günstiger sein, zumindest wenn man aus Finnland reist, kriegt man in Estland schmackhafte Lebensmittel für ein Appel und ein Ei. Nicht günstiger als in D?? Ist denn in D schon so billig geworden?
Eine Zweitwohnung brauchst Du aber in Helsinki, nicht wahr? Da kann man bei 25-30 qm schon mit jenseits der 500-600 Euro rechnen. Ist es nicht möglich, dass ihr alle drei in Finnland lebt, da wäre schon die Fahrerei und doppelter Haushalt überflüssig. Hast Du Heimbüro in Betracht gezogen? Sicherlich nicht 100% aber ist durchaus gängig in Finnland, hängt aber von der Art der IT Arbeit ab und Vertrauen der Firmen (meistens erst nach einer "Bewährungszeit").